Drachenmagier by Margaret Weis; Tracy Hickman
Autor:Margaret Weis; Tracy Hickman
Format: mobi
ISBN: 9783404202607
Herausgeber: Bastei-Lübbe
veröffentlicht: 2009-07-16T12:53:12+00:00
* * *
Kapitel 18
Surunan, Chelestra
Der Gedanke an die Bibliothek der Sartan lieà Alfred nicht mehr los, verfolgte ihn wie der Geist in einem Schauerroman, berührte ihn um Mitternacht mit der kalten Hand im Gesicht und winkte mit dem gekrümmÂten Finger aus dem staubigen Schatten moosgrüner Samtportieren, um ihn ins Verderben zu locken.
»Unsinn«, sagte er dann zu sich selbst, drehte sich auf die andere Seite und versuchte, den Geist dadurch zu bannen, daà er ihn in der Gruft des Schlafs begrub.
Das half für die Nacht, aber das Schemen heftete sich auch tags hartnäckig an seine Fersen. Alfred saà beim Frühstück und vollzog das Ritual der allmorgendlichen Floskeln, während er in Wirklichkeit an nichts anderes denken konnte als an Ramu, der das bewuÃte Fach inÂspizierte. Was befand sich darin, das niemand wissen durfte?
»Neugier. Unbeherrschte Neugier«, rügte Alfred sich. »Samah hat recht. Ich habe viel zu lange unter NichtiÂgen gelebt. Mir geht es wie dem Mädchen in der GeÂschichte, die Grams Kinderfrau ihm oft erzählte. âºDu darfst jeden Raum des Schlosses betreten, nur nicht die verschlossene Kammer am Kopf der Treppe.â¹ Und ist die dumme Person zufrieden mit den übrigen einhunÂdertvierundzwanzig Zimmern im SchloÃ? Nein, sie kann nicht essen, nicht schlafen und findet keine Ruhe, bis sie die Tür zu der verbotenen Kammer geöffnet hat. Genauso geht es mir. Die verbotene Kammer lockt. Aber ich werde mich hüten! Ich werde keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Ich will zufrieden sein mit den anderen Zimmern, die voller Schätze sind. Und ich will glücklich sein. Ich will glücklich sein.«
Leichter gesagt als getan. Mit jedem Tag, der verging, fühlte er sich unglücklicher. Zwar versuchte er, seine zunehmende Ruhelosigkeit vor Gastgeber und GastgeÂberin zu verbergen â mit Erfolg, bildete er sich ein. Samah beobachtete ihn aufmerksam, wie ein Geg ein defektes Ãberdruckventil des Allüberall, von dem er nicht weiÃ, wann es explodiert. Eingeschüchtert von Samahs übermächtiger Persönlichkeit, gedrückt vom schlechten Gewissen desjenigen, der weiÃ, daà er etÂwas falsch gemacht hat, verhielt Alfred sich unterwürfig und still in der Gegenwart des Archonten und wagte kaum, den Blick zu dessen strengem, unnachgiebigem Gesicht zu heben.
Während Samahs Abwesenheit jedoch fühlte Alfred sich freier. Meistens blieb Orla zurück, um ihm GesellÂschaft zu leisten, was er sehr genoÃ, auÃerdem gebärÂdete sich sein Quälgeist dann nicht annähernd so aufÂdringlich wie bei den seltenen Gelegenheiten, wenn er sich selbst überlassen war. Nie kam Alfred auf den GeÂdanken, sich zu wundern, daà man ihn kaum mehr alÂlein lieÃ, oder daà Orla nicht ebenso wie Samah zu Ratsversammlungen gerufen wurde. Er dachte nur, daà es lieb von ihr war, ihm soviel Zeit zu opfern, und fühlÂte sich deshalb um so elender, wenn das Phantom der Bibliothek ihn wieder einmal in den Klauen hatte.
Alfred und Orla saÃen auf der Terrasse, Orla mit eiÂnem von Samahs Gewändern, über dem sie die SchirÂmungsrunen sang und gleichzeitig mit den FingerspitÂzen auf den Stoff zeichnete. In jedes Sigel legte sie die ganze Liebe und Achtung, die sie für ihren Gemahl empfand.
Alfred sah ihr zu, und ein Gefühl der Traurigkeit erÂgriff von ihm Besitz.
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